Die Medien

 

„Lügen wie gedruckt“

(Redewendung aus dem 15.Jahrhundert)

 

Am 6. Mai wurde in den Tagesthemen der ARD ein ungeheuerlicher Kommentar gesendet. Er zeigt schlagartig, was mit den Medien los ist, und erspart mir viel Erklärerei: "Der Status quo ante, also zurück zur alten Normalität, ist vielen Wirrköpfen, die sich im Netz unter ,Widerstand 2020' und anderen Namen tummeln, nachgerade ein Herzensanliegen. All diesen Spinnern und Corona-Kritikern sei gesagt: Es wird keine Normalität mehr geben wie vorher. Madonna, Robert de Niro und rund 200 andere Künstler und Wissenschaftler fordern zurecht, nach der Corona-Krise Lebensstil, Konsumverhalten und Wirtschaft grundlegend zu verändern." Finden Sie es nicht auch unpassend und abstoßend, dass Dr. Bodo Schiffmann und seine neue Partei als "Wirrköpfe“ und ehrwürdige Persönlichkeiten wie Prof. Bhakdi als "Spinner" tituliert werden? Ist das nicht "Hate-Speech" (und gehört dementsprechend bestraft)? Schreit es ferner nicht zum Himmel, dass ausgerechnet Multimillionäre wie Madonna und Robert de Niro als Kronzeugen für ein neues Konsumverhalten aufgerufen werden? Muss der Selbstdenker nicht fragen: Was heißt das für diese Menschen – für Geistesgrößen wie Juliette Binoche, Penélope Cruz, Cate Blanchett, Adam Driver und Jane Fonda, die alle unterschrieben haben? Nur noch eine Villa zu besitzen statt zwei oder drei? Keinen Privatjet mehr, sondern nur noch den Tesla vor der Tür stehen zu haben? Diese Menschen sind aber auch leuchtende Vorbilder, im Gegensatz zu verwirrten, spinnerten Subjekten wie Dr. Schiffmann und Prof. Bhakdi! – Die Sache stinkt zum Himmel, und mir fällt dazu Max Liebermanns Spruch ein: "Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte".

 

Mancher wird sagen: "Klar, so ein Kommentar geht auch mir zu weit, aber das ist ja ein Einzelfall." Deshalb schauen wir uns einmal an, wer diesen Kommentar gesprochen hat. Das war Rainald Becker, der ARD-Chefredakteur und ARD-Koordinator für Politik, Gesellschaft und Kultur in der ARD-Programmdirektion. Und schlagartig wird klar, warum wir im "Ersten" niemals einen derjenigen Wissenschaftler hören werden, die auf den letzten Seiten vorgestellt wurden: Dieser Mann, Rainald Becker, dessen radikal antidemokratische Meinung wir jetzt kennen, sitzt an der Schaltstelle (Chefredaktion, Programm-Koordination), wo entschieden wird über jedes Nachrichtenmagazin, über jede Talkshow, über jeden Kultur- und Wissenschaftsbeitrag. Geben Sie sich also keiner Illusion hin: Bei ARD und ZDF sitzen Sie in der letzten Reihe, wenn Sie objektiv informiert werden wollen!

 

Mit dem Bericht über diesen Vorfall ist das Kapitel "Medien" eigentlich erschöpfend behandelt. Nur noch auf ein Detail, weil es mir wichtig erscheint, will ich eingehen: die sogenannten "Faktenchecks". Früher einmal – das war vor mehr als zehn Jahren – fand ich diese Einrichtung gut: Da manche Politiker in Talkshows immer wieder frech die Wahrheit "frisierten", wurde das überprüft und die Aussage richtiggestellt. Diese "Faktenchecks" sind aber gewuchert zu einer Art Inquisition: Wehe der Information, die den "Faktencheck" nicht passiert! – Wer sitzt aber in den Faktencheck-Redaktionen? Wissenschaftler, Ärzte, Professoren? Nein: Journalisten, einfache Journalisten, die im Internet recherchieren gerade so wie ich es tue, und sich dadurch die Welt erklären. Das sind keine Leute, die Prof. Drosten oder Prof. Bhakdi das Wasser reichen können. – Sie können mich nun fragen: "Wieso sagen gerade Sie, das sei verwerflich? Sie tun doch dasselbe!" Nein, ich tu nicht dasselbe. Ich behaupte nicht, dass Herr Drosten eine falsche Forschung betreibt, sondern, dass seine einseitige Sicht nicht alle Aspekte der Wirklichkeit erfasst. Ich möchte ihn nicht ausbooten, sondern fände es gut, wenn seine Meinung in einem Expertengremium neben anderen vertreten wäre.

 

Die "Faktenchecker" aber zerpflücken Forschungsergebnisse und wissenschaftliche Thesen nach allen Regeln der destruktiven Kunst mit dem Ziel, "unerwünschte" Informationen zu vernichten, zu verstecken oder unglaubwürdig zu machen. Hier ein Beispiel zu ihrer Vorgehensweise: Auf der Seite "Video im Faktencheck" des SWR über die Videos von Prof. Bhakdi heißt es zunächst: "Wir zeigen die Videos an dieser Stelle bewusst nicht, um dessen Reichweite nicht zu unterstützen, schlüsseln aber die Kernthesen auf und unterziehen sie einem Faktencheck." Damit wird schon einmal verhindert, dass die Thesen des Professors ausführlich und in allen Details aufgenommen werden können und dass die Glaubwürdigkeit des Menschen Bhakdi eingeschätzt werden kann; Prof. Drosten entzieht man hingegen nicht die Möglichkeit, durch seine Persönlichkeit zu wirken, er darf stundenlang live reden.

 

Darunter steht in einem leuchtendroten Kasten: "Fake News & Verschwörungstheorien in der Corona-Krise". Damit sind Bhakdis Äußerungen bereits vor jeder inhaltlichen Beschäftigung eingeordnet. Sodann wird erklärt, man werde sich "nicht mit der Meinung des Professors (befassen), sondern seine verwendeten Daten und angeblichen Fakten (überprüfen)". Das sind Vorverurteilungen: Das Ergebnis wissenschaftlicher Forschung wird zur "Meinung", und Fakten werden durch das Attribut "angeblich" entwertet. Nun erst kommen wir zum eigentlichen Text. Da gibt man sich erst einmal viel Mühe, Prof. Bhakdis Expertise als irrelevant erscheinen zu lassen: Auf einer verlinkten Unterseite räumt man ein, dass er "in den neunziger Jahren ein renommierter Mikrobiologe war", um dann den Umstand herauszu-heben, dass er seit acht Jahren im Ruhestand steht (Subtext: nicht auf der Höhe der Forschung sei). Außerdem: "Epidemiologische Fragen, wie er sie rund um das neuartige Coronavirus in seinen Videos thematisiert, standen nicht im Zentrum (seiner Forschung)." Es wird also alles herbeigekarrt, was "beweisen" kann, dass Bhakdi kein wirklicher Experte sei.

 

Und jetzt lassen Sie uns mal einen Moment lang innehalten und fragen, ob das noch mit unserer Lebenswirklichkeit im Einklang steht, und welche Lebenswirklichkeit wir uns schaffen, wenn wir derartige Haarspaltereien zulassen wollen. Lassen Sie mich kurz von meiner eigenen Profession, dem Klavierspiel reden: Da gibt es Besserwisser (meist solche, die selbst nicht Klavier spielen können), die die Kompositionen Bachs nur in der Interpretation sogenannter Spezialisten für "historische Aufführungspraxis" akzeptieren, oder Beethoven-Symphonien nur, wenn die originale (vielleicht aber auch missverstandene) Metronomzahl Beethovens fürs Tempo genau eingehalten wird. Sie glauben, ihre Auffassung sei „wissenschaftlich bewiesen“. Wenn jemand diese Musik anders versteht, anders spielt – und sein Publikum damit zu Tränen rührt – , dann "gilt das nicht". So etwas passiert, wenn man die "Superspezialisten" ranlässt. Dass ein siebzigjähriger Medizinprofessor, der tausende von Studenten ausgebildet und geprüft hat, einfach einen guten und souveränen Überblick über weite Felder der Medizin haben kann, und dass ein gehöriges Maß an Lebenserfahrung ihm dabei hilft, sachlich und manchmal vielleicht auch intuitiv richtige Entscheidungen zu fällen, das ist eine Größe, die offenbar in der Rechnung der "Faktenchecker" nicht vorkommt.

 

Im weiteren Verlauf des Textes werden nun Studien herangezogen, um Prof. Bhakdi zu widerlegen; jene Studien allerdings werden nun keineswegs in gleicher Weise auseinan-dergepflückt, um auch deren Glaubwürdigkeit auf den Prüfstand zu stellen. Die Sache wird undurchsichtig, letzten Endes steht Expertise gegen Expertise, und der Erkenntnisgewinn ist gleich Null. Auf die viel einfachere Möglichkeit – diejenige, für die ein Rundfunksender eigentlich geschaffen wurde –, nämlich den Professor einzuladen und vor Mikrophon und laufender Kamera mit Prof. Drosten oder Prof. Kekulé diskutieren zu lassen, kommt man merkwürdigerweise nicht. – Warum nur? Hat vielleicht Herr Becker etwas damit zu tun?

 

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