Die Politiker
Bundeskanzler Hinz
oder Bundeskanzler Kunz
oder Bundeskanzler austauschbar
spielen weiter ihre Rollen,
schöpfen weiter aus dem Vollen,
bis wir’s selber nicht mehr wollen.
(Georg Kreisler: aus "Bundeskanzler irgendwer")
Ich habe mehrere Freunde, die mir am Anfang der Krise sagten, jetzt, in der Stunde der Not, sei es wichtig und sicher richtig, der Regierung zu vertrauen, und Frau Merkel sage das ja auch! Ich war anderer Meinung. Zwar verstehe ich diesen Impuls: Wann, wenn nicht in solchen Zeiten, sollen wir denn zusammenhalten, sollen alle Parteizwistigkeiten ruhen, sollen wir alle an einem Strang ziehen?
Ich sehe mich aber in meiner Skepsis bestätigt. Dass Politiker (auch Frau Merkel) das Volk schon oft belogen haben, kann man anhand zahlloser Beispiele problemlos belegen. Jahrzehntelang sollten wir Angst vor dem bösen Ostblock haben, der angeblich nichts anderes im Sinne hatte, als bei uns einzumarschieren, das „rechtfertigte“ eine irrsinnige Aufrüstung. – Und? Hat uns "der Russe" überfallen? – Die Sowjetunion gibt es nicht mehr, und die USA halten mit ihrer alles dominierenden Militärpräsenz große Teile der Welt in Angst und Schrecken. Hatte die Bevölkerung aber aus sich heraus Angst, zum Beispiel vor der Aufrüstung, Gentechnik, Handystrahlung oder Glyphosat, da wurde sie nicht ernst genommen und ignoriert. Und erst als Frau Merkel plötzlich auch vor der Atomenergie Angst hatte, wurde sie im Handstreich von der Agenda gestrichen.
Wie die Bundes- und Landesregierungen mit der jetzigen Krise umgehen, ist für mich der ultimative Beweis, dass es ihnen nicht um das Wohlergehen des Volkes geht. Ich stelle eine Empathie- und Lieblosigkeit der führenden Politiker gegenüber dem Volk fest, die ich in dieser Krassheit noch nie beobachtet habe. Wenn man sich schon zu Lockdown und Ausgangssperre glaubte entschließen zu sollen, so hätte doch mindestens in jedem Augenblick das Bewusstsein für die unglaubliche Zumutung vorhanden sein müssen, die diese Situation für das Volk darstellt! Wie verträgt es sich damit, dass man bereits für leichte Verletzungen der Regelungen scharfe Bußgelder verhängte? Wie verträgt es sich damit, dass man angesichts der Sehnsucht nach Wiederherstellung menschenwürdiger Verhältnisse von "Öffnungsdiskussionsorgien" sprach, wie, dass man einen Spitzenjournalisten im von den staatstragenden Parteien beherrschten Fernsehsender (um nicht provozierend vom "Staatsfernsehen" zu reden) Öl ins Feuer gießen ließ, so dass eine bereits herbeigeredete "Spaltung der Gesellschaft" tatsächlich Wirklichkeit werden könnte? Nein, da stimmt etwas nicht, das ist deutlich zu spüren! Manche Politiker sprachen von Krieg – warum? Vor jedem Krieg, lehrt es die Geschichte, gaukelten Politiker ihrem Volk etwas Glanzvolles vor, für das es sich zu kämpfen lohne, und am Ende war das Volk das Betrogene. Seien wir also wachsam. (Kennen Sie das Lied „Sei wachsam“ von Reinhard Mey?)
Es ist interessant, dass viele, auch kritische Beobachter des Zeitgeschehens, die Politiker in Schutz nehmen: Diese Verantwortung jetzt zu tragen, sei doch sehr schwer, und ebenso schwer sei es, die richtigen Entscheidungen zu treffen; man möchte nicht in deren Haut stecken. Was ist da los? Sammelt man jetzt schon entlastende Argumente für den Fall, dass sie sich einst werden verantworten müssen? Haben sie nicht alle zur Macht gedrängt, drängen sie nicht auch jetzt zur Macht? Man beobachte nur, wie die Ministerpräsidenten von NRW und Bayern die derzeitige Krise zu nutzen versuchen, um sich jeweils als Kanzlerkandidat in Stellung zu bringen.
Aber nein, es gibt auch Politiker, die sich wirklich Sorgen um ihr Volk machen und sich dafür im Wortsinne zu Tode arbeiten. Haben Sie von Dr. Thomas Schäfer gehört? Dem hessischen Finanzminister, der – wahrscheinlich durch Selbstmord (man fand ihn neben einer ICE-Trasse) – am 28. März zu Tode gekommen ist? Oder haben Sie diesen tragischen Vorfall schon vergessen? Es ist nämlich sehr merkwürdig, dass die sonst so sensationslüsternen Medien (sogar die Bildzeitung) nach der ersten Meldung nicht wieder darüber berichtet haben. Das gehört sich zwar eigentlich auch so, aber sonst war man nie so pietätvoll. Das nährt den Verdacht, dass Dinge dahinter stecken, die man lieber nicht weiter hochkochen will. Dr. Thomas Schäfer hatte sich nämlich in zwei öffentlichen Auftritten sehr skeptisch dazu geäußert, ob man die "Jahrhundertaufgabe", die Krise finanziell zu bewältigen, überhaupt stemmen könne, obwohl alle seine Mitarbeiter rund um die Uhr daran arbeiteten. Er warnte davor, den Menschen Dinge zu versprechen, die man vielleicht nicht werde halten können. Er sprach solche Warnungen in Richtung Brüssel, aber auch Richtung Berlin aus. Es lohnt sich sehr, die beiden Auftritte anzuhören, es sind eine Landtagsrede und eine Pressekonferenz, beide im Internet abrufbar. Ebenfalls sollte man sich den Nachruf seines Ministerpräsienten Volker Bouffier anhören, eines doch hartgesottenen Politveteranen, der aber hier mit den Tränen kämpfte. Er sagte unter anderem: "Wir müssen heute davon ausgehen, dass er sich große Sorgen machte, … ob es gelingen könne, die riesigen Erwartungen in der Bevölkerung, insbesondere der finanziellen Hilfen, zu erfüllen. Ich muss davon ausgehen, dass ihn diese Sorgen erdrückt haben." Wie steht es also um die Staatsfinanzen – wenn sich ein Finanzminister aus Verzweiflung darüber das Leben nimmt? Werden wir informiert oder lässt man uns ins offene Messer laufen?
Also, es gibt sie doch, die Politiker, die buchstäblich ihr letztes Hemd geben, um Schaden vom Volk abzuwenden. Gilt das auch für unseren Gesundheitsminister? Ein alter „Focus“-Bericht vom 04.12.2012 lässt aufhorchen. "Im Nebenjob Abgeordneter" hieß es damals, denn der Nachwuchspolitiker war auch als Pharma-Lobbyist tätig. Und für wen arbeitet der Herr Minister heute? Für sein Volk oder für eine Großindustrie, die einen der Ihren in eine politische Schlüsselposition hieven konnte?
Welch unwürdige Rolle spielt auch die Präsidentin der Europäischen Kommission, Frau von der Leyen! In einem offiziellen Video kündigt sie Zensurmaßnahmen an, die doch durchs Grundgesetz verboten sind: "Deshalb arbeiten wir intensiv mit den großen sozialen Plattformen zusammen. Wir fordern sie auf, noch mehr gegen Desinformation in der Coronakrise zu tun. Die Plattformen … machen gefährliche Inhalte und irreführende Werbung weniger sichtbar oder löschen sie. Aber es muss noch mehr getan werden. … Vertrauen Sie den Gesundheitsbehörden, vertrauen Sie der Weltgesundheitsorganisation, vertrauen Sie dem gesunden Menschenverstand und journalistischer Sorgfalt in den Qualitätsmedien. Diejenigen, die Falschmeldungen verbreiten, wollen Ihnen schaden." Kommt Ihnen das bekannt vor? Wenn ich das höre, komme ich mir vor wie ein Hund, mein Denken soll „angeleint“ werden. – Wie passt da hinein die Aufforderung, seinem gesunden Menschenverstand zu vertrauen?
Ich bin am Ende angelangt, der Kreis schließt sich. "Denkt nicht selbst!" – so verstehe ich die Kanzlerin. "Denkt nicht selbst!" – so verstehe ich die Kommissionspräsidentin. Viele Menschen scheinen das ganz bequem zu finden. "Daß der bei weitem größte Teil der Men-schen … den Schritt zur Mündigkeit, außer dem daß er beschwerlich ist, auch für sehr gefährlich halte: dafür sorgen schon jene Vormünder, die die Oberaufsicht über sie gütigst auf sich genommen haben", – sprach Kant.